Ich sah… Shirobako

Mal eine kleine Mischung aus Empfehlung und Review bezüglich eines Animes. Ich habe jetzt an einem Abend etwa 10 Folgen von Shirobako verschlungen und bin sehr angetan davon.

Worum es geht (anisearch.com):

In ihrer High-School-Zeit bildeten die fünf Mädchen Aoi, Ema, Midori, Misa und Shizuka den Animationsklub ihrer Schule und produzierten bereits gemeinsam ihren ersten Anime. Sie alle teilten sich den Traum ihre Leidenschaft später einmal zum Beruf zu machen und als Profis schließlich auch wieder gemeinsam an einem Projekt beteiligt zu sein. Jetzt, über zwei Jahre später, haben es die Mädchen wirklich in die verschiedenen Bereiche der Anime-Industrie geschafft, müssen sich jetzt aber auch deren anstrengendem Alltag und den diversen Herausforderungen bei der Produktion eines Anime stellen.

Eins der Mädels gibt einem Charakter im selbstgemachten Anime ein unglaublich schlechtes Voice-Over x)

 

Shirobako hat mich relativ zügig in seinen Bann gezogen, was zu großen Teilen am Thema des Animes liegt: einen Einblick in die professionelle Anime-Industrie in Japan zu geben – und der ist großartig. Wir begleiten hauptsächlich Aoi Miyamori, eine junge Frau, die Produktionsassistentin bei einem relativ kleinen Animationsstudio ist, welches gerade mit der Produktion des Animes „Exodus“ beginnt. Dabei erfährt der geneigte Anime-Fan, wie ein Anime entsteht und vor allem, was für Probleme und Nöte dabei auftreten können. Natürlich drängt sich da unweigerlich der Vergleich zu Bakuman auf, was ich aber nie gelesen habe, weshalb ich nicht weiter darauf eingehen kann. Jedenfalls ist es schon etwas paradox, in einem Anime die Entstehung eines Animes nachzuerzählen, aber gerade das macht für mich den Reiz aus – zwischendurch blitzt immer mal wieder die Erkenntnis durch: „So wie der Director und die Designer über die Anime-Figuren im Anime diskutiert haben, haben wahrscheinlich auch der echte Director und die echten Designer über den Anime-Director diskutiert… äh, was?“ Mindfuck incoming ;)

Der Cast ist nicht gerade klein - Namenseinblendungen inkl. Aufgabe erleichtern aber die Orientierung

Der Cast ist nicht gerade klein – Namenseinblendungen inkl. Aufgabe erleichtern aber die Orientierung

Shirobakos Zeichenstil ist sehr aufgeräumt und schön anzuschauen, da gibt es eigentlich nichts zu meckern. Die Charaktere sind ganz gut gestaltet und ausgearbeitet, wenn auch manchmal etwas klischeehaft. Da es sich natürlich um einen realistischen Anime handelt, darf man jetzt nicht komplett ausgefallene Sachen erwarten. Die Story hangelt sich bislang an der Produktion von „Exodus“ entlang und gibt sich Mühe, die Eigendynamik bei der Produktion eines Animes zu verdeutlichen. Da tritt im Minutentakt ein Problem nach dem anderen auf, die sich zu einer Katastrophe zu kumulieren scheinen, was immer bedeutet: eine Folge wird nicht rechtzeitig zur Ausstrahlung fertig – oder [HorribleSubs] Shirobako - 09 [720p].mkv_snapshot_03.30_[2014.12.13_00.40.24]fast noch schlimmer: nur in unterirdischer Qualität! Denn dazu gibt es zum Leidwesen des sympathisch-schusseligen Directors Seeichi Kinoshita (verantwortlich für die Story und das Storyboard) einen Running Gag: Durch seine Last-Minute-Änderungen mussten etliche Animationen seines letztes ambitioniertes Projekts „Jiggly Jiggly Heaven“ hingepfuscht werden, was dem Anime Spott und Hohn im Internet einbrachte und Seeichi in eine Krise stürzte. An dieses dunkle Kapitel seines Schaffens wird er immer wieder auf amüsante Art und Weise erinnert, wenn er Änderungen durchsetzen will oder mit dem Storyboard hinterherhinkt.

Tarou sorgt oft für den Comic Relief, er ist einfach ein Chaot und Aufreißer

Tarou sorgt oft für den Comic Relief, er ist einfach ein Chaot und Aufreißer

Ich sehe keinen Grund, warum Shirobako übertreiben sollte, aber wenn jede Anime-Produktion mit dermaßen vielen Problemen und teilweise auch unzuverlässigen Mitarbeitern zu kämpfen hat, wundert es mich, dass Season-Animes überhaupt halbwegs vernünftig erscheinen. ;) Das soll jetzt nicht zu dramatisch klingen; Shirobako ist sehr humorvoll und bisher (Folge 10) wurde letztendlich doch jedes Problem zufriedenstellen gelöst, was den Anime etwas harmlos und Friede-Freude-Eierkuchig erscheinen lässt.  Alles wird gut, wenn jeder sein bestes gibt. Natürlich gibt es auch noch eine persönliche Ebene, bei der sich der Zuschauer gut in Aoi und ihre Freundinnen hineinversetzen kann. Gerade erst ins [HorribleSubs] Shirobako - 03 [720p].mkv_snapshot_04.48_[2014.12.13_03.47.14]Berufsleben gestartet plagen diese nämlich Selbstzweifel und so manche stellt ihre Berufswahl ganz in Frage, da es doch anders ist, als man es sich als Schüler manchmal vorstellt. Dazu stellt der Anime die Mädchen und den Zuschauer gleichermaßen vor grundlegende philosophische Fragen: wohin will ich in meinem Leben, was sind meine Träume, meine Ziele, und – braucht man sowas eigentlich unbedingt? Sehr gute Fragen, muss man immer etwas wollen, muss man immer ein Ziel vor Augen haben? Wenn Aoi sich etwas „unzulänglich“ vorkommt, weil die anderen auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten und Sie gar nicht so recht weiß, was letzten Endes aus ihr werden soll, fühle ich mich gut abgeholt, denn wer hat sich noch nicht zu irgendeinem Zeitpunkt mit solchen Gedanken herumgeschlagen? Letztendlich ist dies nicht nur ein Anime darüber, wie man Animes macht, sondern auch über Coming-of-Age: das Erwachsen werden. Dies macht Aoi und Co für mich unheimlich sympathisch und sorgt in Shirobako für den nötigen Tiefgang.

Hauptcharakter Aoi Miyamori stürzt sich mit dem Elan der Jugend in ihren Traumjob als Produktionsassistentin

Hauptcharakter Aoi Miyamori stürzt sich mit dem Elan der Jugend in ihren Traumjob als Produktionsassistentin

Derzeit sind 10 von 24 Folgen erschienen, es ist also fast Halbzeit. Ich bin gespannt, ob die fünf am Ende ihren eigenen professionellen Anime verwirklichen können. Mit der positiven Grundeinstellung, die der Anime bisher hat, vermute ich mal ja. Zusammenfassend würde ich sagen: Shirobako ist besonders interessant wegen seines Animeindustrie-Themas, dabei aber relativ harmlos und positiv; die Hauptcharaktere müssen persönliche Prüfungen bestehen und stellen schon mal sich und ihre Zukunft in Frage, was für angenehmen, psychologischen Tiefgang sorgt.

Imaginäre Fantasie-Szenen wie hier bleiben die Ausnahme; der Anime ist sehr bodenständig

Imaginäre Fantasie-Szenen wie hier bleiben die Ausnahme; der Anime ist sehr bodenständig

Ich schaue Shirobako mit englischen Subs per HorribleSubs, offiziell läuft es auf Crunchyroll und trotz „umfangreicher“ 2-Minütiger Recherche konnte ich nur bei Pure-Anime.biz die ersten zwei Folgen mit deutschen Subs finden. Hier noch der japanische Trailer und ich verbleibe mit der Empfehlung: schaut Shirobako, wenn ihr schon immer wissen wolltet, wie genau eigentlich ein Anime produziert wird.

buechse out

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