Ich sah… Game of Thrones S6 E2
Weiter geht es mit der zweiten Folge von Game of Thrones und der dazugehörigen Episodenbesprechung. Falls ihr die aktuelle Folge gesehen habt und/oder keine Spoiler scheut, klickt ruhig auf (mehr) für eine lange Wall of Text, die es wert ist, gelesen zu werden!
Die zweite Folge der sechsten Staffel beginnt mit einer Überraschung: 2 Echtzeitjahre haben wir nichts von BRANDON STARK gesehen, nachdem er jenseits des Walls unter die Fittiche eines alten Mannes mit Zauberkräften genommen wurden. Nun sehen wir, wie ein deutlich gewachsener Bran eine Art Traumwandlung vollführt und sich vergangene Zeiten anschauen kann. So wandelt er in einem intakten Winterfell herum, indem sein Vater Ned und dessen Bruder Benjin als Kinder den Schwertkampf üben. Hodor ist auch zu sehen, als normal-riesenwüchsiger Junge, der normal sprechen kann, was Bran am meisten verwunder. Als er droht, sich in diesem „Traum“ zu verlieren, reißt ihn der alte Mann zurück in die Wirklichkeit. Für einen Krüppel-Jungen ist es gefährlich verlockend, in einer Traumwelt der Vergangenheit herumzulaufen und gar nicht mehr in die Realität zurückzukehren. Trotzdem bleibt das ganze relativ kryptisch – wir erfahren nicht wirklich, was der Alte mit Bran vorhat. Meera sitzt derweil draußen im Schnee und trauert sichtlich um ihren Bruder Jojen, der bei Ihrer Ankunft an der Höhle des Alten von Untoten getötet wurde. Auch hadert sie damit, untätig herumzusitzen, während Bran… was auch immer macht. Ein seltsames Mädchen versichert ihr, das Bran ihre Hilfe da draußen, in der echten Welt, braucht.
CASTLE BLACK wird passenderweise unter der Führung von Alliser Thorne als Lord Commander zum ersten Mal in der Geschichte der Nachtwache von Wildingen erstürmt. Dolorous Ed hat es gerade rechtzeitig geschafft, die neuen Bewohner der 7 Königreiche zusammen zu trommeln. Der Riese durchbricht das Tor und die wenigen Krähen sehen sich zahlenmäßig den Wildlingen unterlegen und beginnen erst gar nicht den Kampf – bis auf zwei Narren; den Armbrustschützen, dessen Bolzen wirkungslos in der Schulter des Riesen verpufft, zieht dieser von der Brüstung und klatscht ihn effektvoll gegen die Mauer; der erste von zwei amüsant-mühelosen Toden, die zwar brutal sind, mir aber irgendwie ein Schmunzeln abringen. Aber auch hier kommt es mir so vor, als wäre dieser Humor durch Brutalität irgendwie neu für Game of Thrones. Irre ich mich, oder gab es so etwas in früheren Staffeln nicht? Der einzige ähnliche Vorfall, an den ich mich erinnern kann, ist in der Arena in Meereen, als der starke Mann gegen den flinken Mann antritt. Im Zusammenhang mit dem Dialog zwischen Tyrion und Daenerys Verlobtem ist die plötzliche Enthauptung des flinken Mannes auch relativ amüsant.
Jedenfalls versuchen Thorne (und Olly) noch, sich zur Wehr zu setzen, werden aber schnell überwältigt und in den Kerker geschmissen. Thorne besitzt sogar die Anmaßung, Ed einen Verräter zu nennen. Ich hoffe, er (und Olly, vor allem Olly) marschieren in der nächsten Folge zum Block.
In KING’S LANDING werden wir Zeuge, wie der Clegane-Zombie Ordnungspolizei spielt. Ein angetrunkener Angehöriger des Pöbels erzählt eine sehr lustige und obszöne Geschichte über sich, seinen Schwanz und Cersei. Als er volltrunken abseits an einer Mauer austritt, tritt Clegane hinter ihn. Der Mann dreht sich verwundert um (und pisst Clegane dabei an seine Rüstung, gut am Strahl-trifft-Metall-Geräusch erkennbar xD) – der „Berg“ macht kurzen Prozess und zertrümmert mit einem Stoß seiner Hand den Hinterschädel des Mannes an der Wand. Auch das wirkt wieder unfreiwillig komisch, obwohl es natürlich brutal ist. Die Mühelosigkeit, mit der Clegane hier den Schädel des Mannes zertrümmert, lässt ihn umso monströser erscheinen. Dieser Eindruck wird direkt im Anschluss noch verstärkt, als Cersei mit ihrer Zombie-Leibwache zur Aufbahrung ihrer Tochter gehen will. Die Hofwache richtet ihr aus, dass Cersei auf Geheiß des Königs das Red Keep nicht verlassen darf. Obwohl der Mann etwa 12 weitere Wachen in voller Montur bei sich hat, zeigen seine angsterfüllten Blicke, dass er es lieber nicht auf einen Kampf mit Clegane ankommen lassen würde, der sie alle um mindestens 1 Meter überragt. Cersei überlegt es sich einige bange Sekunden und zieht sich dann enttäuscht in ihre Gemächer zurück – alle Beteiligten wissen, dass Cersei sich mithilfe ihrer monströsen Leibwache wahrscheinlich den Freigang hätte verschaffen können, wenn sie es denn wirklich ohne Rücksicht auf Verluste darauf anlegen würde.
In der Septe sehen wir dann König Tommen und seinen Onkel/Vater Jame, die an der Seite der aufgebahrten Myrcella stehen. Wir erfahren in dem kleinen Gespräch, dass Trystanes Mörder noch nicht gefasst wurden (die zwei Sandsnakes konnten also leider entkommen), dass Tommen seit Cerseis Rückkehr ins Schloss noch nicht gesprochen hat. Genau das hatte ich mich nach der letzten Folge gefragt, Tommens Abwesenheit bei allem hatte mich gewundert. Wir erfahren nun, dass Tommen sehr mit seiner eigenen Schwäche hadert. Wie soll er sein Rech beschützen, wenn er nicht einmal seine Frau und seine Mutter beschützen kann? Die Szene wird noch brisanter, als plötzlich der High Sparrow in die Septe spaziert. Schade finde ich in dem Moment, dass Jame den König Tommen zurück zu seiner Mutter schickt. Dein Sohn hat dir gerade gesagt, dass er sich trotz seiner Königswürde wie ein Schwächling fühlt, und du schickst ihn vor einem Gespräch mit dem Peiniger seiner Mutter/Frau weg? Das ist sicherlich sehr aufbauend. Warum darf/soll er nicht mit dabei sein? Er könnte was lernen. Stattdessen führt Jame einen interessanten Schlagabtausch mit dem religiösen Führer, was diese Szene für mich zur stärksten in dieser Folge macht. Jame ahnt vielleicht, dass sie es hier mit einem Gegner zu tun haben, den sie nicht unterschätzen dürfen.
Anschließend entschuldigt sich Tommen bei seiner Mutter, die erst sehr kalt reagiert, was für sie schon sehr ungewöhnlich ist. Normalerweise erinnert sie mich immer an eine Löwin, die ihre Kinder um jeden Preis beschützt und nahe bei sich hat. Erst als Tommen unter Tränen seine Schwäche eingesteht und seine Mutter bittet, ihm dabei zu helfen, ein starker König zu werden, bricht Cerseis kurze Eisrüstung. Ich wünsche mir wirklich, dass nach dieser Katastrophe von Joffrey Tommen ein guter und starker König wird. Das wäre wie immer ziemlich tragisch, wenn der Thron eines letztendlich guten Königs auf Lügen und Verrat seiner Mutter aufgebaut ist.
In MEEREEN passiert dieses Mal nicht ganz so viel. Tyrion erfährt, dass alle einst befreiten Städte bis auf Meereen zurück zur Sklaverei gefunden haben. Außerdem fressen die beiden anderen Drachen nicht. Tyrion beschließt reichlich waghalsig, in das GEfängnis zu steigen und ihnen eigenhändig die Stahlfesseln abzunehmen. Erstaunlicherweise scheinen die Drachen zu wissen, dass Tyrion ein Freund ist, denn sie rösten und fressen ihn nicht – vielleicht war es auch nur Glück. Die Drachen ziehen sich daraufhin zurück ins Dunkel der Kammer – es kam mir so vor, als würden sie auch gar nicht mehr durch den eigentlichen Ein/Ausgang hindurch passen?
ARYA A.K.A. DAS MÄDCHEN OHNE NAMEN wird nach einer weiteren Schlagstocklektion (die immer noch extrem brutal und schmerzhaft aussieht, Alter!) von Jaqen H’gar befragt. Er bietet der bettelnden Arya nacheinander an, sie zurück ins Haus zu nehmen, ihr Essen zu geben und schließlich als ultimative Verlockung, ihr Augenlicht zurück zu geben – wenn sie ihm ihren Namen sagt. Arya ähm Niemand bleibt stark und antwortet jedes Mal: „A girl has no name.“ Damit ist sie anscheinend rehabilitiert, denn Jaqen fordert sie auf, ihr zu folgen. Ein Mädchen ist kein Bettler mehr. Die Erwähnung, dass er ihr Augenlicht wiederherstellen kann, finde ich interessant. Vielleicht ist Aryas Blindheit nicht so endgültig, wie ich dachte? Vielleicht wird sie zu einem Kämpfer wie Daredevil ausgebildet, bekommt super-scharfe Sinne – und gibt ihr dann das Sehen zurück, um all das noch zu toppen? Wir werden sehen. (Ha!)
In WINTERFELL kommt es zu einem Zwischenfall, der Ramsey nach Aliser Thorne zu meinem zweit-verabscheutesten Charakter macht. Boltons Bastard steht nach Sansas geglückter Flucht bedröppelt und mit leeren Händen da – just in dem Moment gebirt Lady Wanda auch noch einen Sohn für Roose Bolton, der jetzt natürlich der vorgezogene Erbe vor Ramsey wäre. Was dann geschieht, werdet ihr niemals glauben! Bei der Glückwunsch-Umarmung wird Roose erdolcht! Ich ziehe es etwas ins Lächerliche, aber obwohl kurz vor der Umarmung Ramseys angelegter Dolch auf seinem Rücken deutlich zu sehen war, sah ich das jetzt nicht unbedingt kommen. Wahrscheinlich, weil ich Roose Bolton in der Serie behalten wollte. Er war der einzige, der Ramsey halbwegs an der Leine gehalten hat – obwohl, er hat alle bisherige Taten seines Bastards zugelassen, und das war schon schlimm genug. Weg mit ihm. Leider hat Ramseys Wahnsinn nun freie Bahn: die gerade eben entbundene Stiefmutter wird mitsamt dem Baby den Hunden zum Fraß vorgeworfen. Dabei demonstriert Ramsey seine erstaunlichen Abricht-Künste, der neben den Hunden stehen kann, die gerade einen Menschen zerfetzen, ohne dass ihm selbst etwas passiert.
SANSAS Szene ist eigentlich nur eine kleine Einleitung zur folgenden Szene. Wir erfahren, dass Theon sich der Reise nach Castle Black und zu Jon Snow nicht anschließen möchte. Zu groß ist seine Schuld und der Verrat an Haus Stark, als dass er Jon unter die Augen treten möchte. Er will zurück nach Hause, nach
PYKE. Oh ja, wie sehen nach etlichen Jahren wieder etwas von Haus Greyjoy! Die „Invasion“ der Eisenmänner ist gescheitert, Deepwood Motte wurde zurückerobert. Balon lässt sich davon nicht erschüttern und sagt leichthin, dass man andere Hochburgen auf dem Festland erobern werde. Dass Asha es ablehnt, noch mehr Männer für „Tannenzapfen und Steine“ zu opfern, lässt Buchleser aufhorchen. Da war doch was mit zwei Truhen voll Tannenzapfen und Steinen…? Wir werden sehen, ob dies nur eine ironische Anspielung auf das Buch A Feast For Dragons ist, oder ob es später noch einen tieferen Sinn bekommt. Durch die lange Abwesenheit hatte ich vergessen, wie toll der Schauspieler von Balon Greyjoy ist. Die Stimme ist super und er spielt den alten Sturrkopf perfekt. Leider stirbt er kurz darauf, als er von seinem Bruder Euron im Sturm von einer Brücke geworfen wurde. Ich freue mich auf alles, was beim kommenden Kingsmood passieren wird, bei dem der nächste Herrscher der Eiseninseln bestimmt wird. In den Büchern war dies ein toller Handlungsabschnitt. Bin gespannt, was die Serie daraus macht.
Kommen wir zum Schluss zu dem Schlüsselereignis in CASTLE BLACK, auf das alle gewartet haben. Und eben weil alle darauf gewartet haben, war es zumindest für mich überhaupt keine Überraschung mehr. Davos Seaworth, einstiger Zwiebelritter, überredet die Rote Frau dazu, ein Reanimationsritual für Jon Snow durchzuführen. Melisandre sagt zwar, sie verfüge nicht über diese Gabe, habe sie aber schon einmal bei einem Roten Priester gesehen – Thoros von Myr, der Beric Dondarrion wiederbelebt hat. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann sie auf den gestoßen sein soll, aber wenn sie es sagt… sie hat zwar jeden Glauben an den Lord of Light verloren, doch Davos hat überzeugende Argumente: „Scheiß auf die Götter!“
Melisandre reinigt also im Beisein von Davos, Dolorous Ed und Tormund Jons nackten Körper von Blut, schneidet ein paar seiner Haare ab und wirft sie ins Feuer, murmelt etwas in fremder Sprache und… versagt. So sieht es jedenfalls auf. Alle verlassen enttäuscht den Raum, nur Ghost bleibt bei Jons Leichnam zurück – und hebt plötzlich mit fragendem Laut den Kopf. Aus der Totalen sehen wir, wie Jon nach Luft schnappend die Augen aufreißt. Er lebt, und Melisandre war erfolgreich. Da diese Theorie schon seit Ewigkeiten durch das Internet geistert und alle damit gerechnet haben, dass sie Jon nicht wirklich sterben lassen, kam das jetzt nicht allzu überraschend. Aber um ehrlich zu sein, es war auch sehr durchschaubar gestaltet. Dass alle weggehen und denken, das Ritual ist fehlgeschlagen, der Zuschauer aber immer noch im Raum ist, sagt schon alles. Für meinen Geschmack zu durchsichtig. Ich hätte die Folge mit der Einstellung auf dem schlafenden Ghost enden lassen. Damit die Leute unsicher werden – vielleicht hat es nicht geklappt, aber vielleicht lebt Jon jetzt in Ghost, von wegen Warg? Und in der nächsten Folge dann mit einer weiteren Traumsequnz von Bran anfangen, in der Jon vorkommt, die sich aber dann so entwickelt, dass Jon aus seinem Todesschlaf erwacht. Bester Folgenanfang aller Zeiten! Heuert mich an, HBO!